Das etwas andere Effizienzprogramm

Nicht nur Kostenreduktion und Optimierung von Betriebsabläufen steigern die Effizienz. Auch die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter ist ein bestimmender Faktor. Einen interessanten Ansatz hierzu verfolgt unser PGB-Experte Tim Taschau in einem informativen Gastbeitrag für die Oktoberausgabe der MEO.

Aus dem Artikel

Die Meisten von uns kennen und nutzen Stellschrauben, mit denen die Profitabilität eines Unternehmens gesteigert werden kann…

  • genaue Kalkulation
  • (Lohn-) Kostenreduktion
  • Verbesserung der Einkaufskonditionen
  • Steigerung des Vertriebs (-drucks)

Wie wäre es also mit etwas Neuem?

Wie wäre es, gleichzeitig innere Potenziale des Unternehmens zu heben, und dabei die Unternehmenszahlen weiter zu verbessern? Gleichzeitig die Probleme, die der Wettbewerb in Bezug auf Personalthemen, wie auch Produktivität und Profitabilität hat, zu umgehen?

Nein, ich spreche nicht von einem Utopia, in dem Milch und Honig fließen.

Ich spreche von einer anderen, einer vielleicht neuen Möglichkeit, einen betriebswirtschaftlichen Regelkreis im Unternehmen zu implementieren. Dieser fasst einerseits die Potentiale des Unternehmens ins Auge, im selben Zusammenhang verdeutlicht er die Engpass-Faktoren und beinhaltet als feste Bestandteile auch die Umsetzung von Maßnahmen zur Prozessoptimierung und eine Wirksamkeitskontrolle.

Gehen wir bei unseren Überlegungen zunächst von der bereits seit längerem bekannten Stanford-Formel aus, die die Schäden von Präsentismus zu quantifizieren sucht. Die hierfür zu Grunde liegende These besagt, dass Mitarbeiter, die nicht vollständig gesund sind, nicht ihre volle Leistung abrufen können, selbst wenn sie es versuchen.

In Erhebungen wurde festgestellt, dass ca. 20% der Belegschaft eines Unternehmens arbeitstäglich leistungsgemindert arbeiten geht. Hierbei kann es sich sowohl um physische, als auch, mit steigender Tendenz, um psychische Ursachen handeln.

Die gleichen Studien ergaben eine Leistungsminderung von ca. 25% der optimalen Arbeitsleistung der jeweiligen Arbeitskraft.

Werden diese Konstanten mit der Anzahl der Mitarbeiter und ihrem durchschnittlichen Gehalt multipliziert, ergibt sich ein Kostenblock, dem keine Erträge gegenüberstehen. Lassen sich die Stellschrauben „Höhe der Leistungsminderung“ und „Anzahl der leistungsgeminderten Mitarbeiter“ in die richtige Richtung drehen, besteht hier andererseits durch eine Steigerung der Produktivität die Chance auf ein Wachstum von innen heraus.

Darüber hinaus hat die Studie ergeben, dass sich die Ergebnisse der Formel verbessern lassen, indem für das zu untersuchende Unternehmen eigene Konstanten herausgearbeitet werden. Hierzu werden Werte aus dem Personalwesen und Mitarbeiterbefragungen zu Grunde gelegt. Ebenso sind für diese Überlegungen eine intensive Beschäftigung und ehrliche Diagnose der aktuellen Unternehmenssituation entscheidend.

Eine solche Basis bietet die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen (kurz: PGB).

Sie wurde bereits zum 01.01.2014 als jüngste im Arbeitsschutzgesetz genannte Maßnahme zur Gesundheitsförderung und zum Schutz der Arbeitnehmer eingeführt. Ihr Ziel im ersten Schritt ist, bei allen Unternehmen ab dem ersten sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter, die Erhebung der aktuellen Arbeitssituation im Betrieb. Dabei sind gleichermaßen die Verhältnisse, wie auch das daraus resultierende Verhalten der Mitarbeiter zu erfassen.

In einem zweiten Schritt werden die erhaltenen Daten analysiert. In der Folge werden, sofern Probleme identifiziert werden, Lösungen gesucht und einzuleitende Maßnahmen verbindlich vereinbart.

Hierbei sollten sowohl Arbeitgeber-, wie auch Arbeitnehmervertreter mit am Tisch sitzen. Sofern ein Betriebsrat im Unternehmen bestimmt ist, ist dieser in jedem Fall in den Prozess mit einzubeziehen, da die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen grundsätzlich mitbestimmungspflichtig ist.

Wie hoch der Gesetzgeber die Dringlichkeit dieses Themas priorisiert, ist an den möglichen Konsequenzen zu erkennen, die der Gesetzgeber für den Fall einer Nicht-Umsetzung schon jetzt im Gesetz vorgesehen hat.

So haften nach aktueller Gesetzeslage (§110.1 Satz 1 SGB VII) auch heute schon solche Personen den Sozialversicherungsträgern, die den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben, für daraus entstehende Aufwendungen. Momentan, d.h. bis voraussichtlich Ende 2017, wird von dieser Regelung im Ausnahmewege noch kein Gebrauch gemacht.

Für aktiv handelnde Unternehmen bieten sich hier jedoch Möglichkeiten zur Hebung von Synergie-Effekten:

Die hier erhobenen Basisdaten sind wichtige Grundlage für eine weitergehende Potentialanalyse bezüglich des eigenen Umgangs mit den Mitarbeitern und dem möglichen Finden von betriebswirtschaftlich sinnvollen Prozessänderungen mit positiven Auswirkungen auf die Arbeitsplatzqualität und Mitarbeitergesundheit einerseits. Gleichzeitig stehen die Chancen gut für steigende Arbeitsqualität, tendenziell verbesserte Produktivität und Rentabilität.

Synergien können auch an anderer Stelle gehoben werden. Derzeit tragen sich schon eine ganze Reihe von Unternehmen mit dem Gedanken, ihren Mitarbeitern Angebote im Bereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) zu unterbreiten. Hierfür bieten die in der PGB erhobenen Daten eine gute Basis und die Maßnahmen können als erste BGM-Projekte angesehen werden.

Doch die Psychische Gefährdungsbeurteilung wirkt nicht nur nach innen. Auch in der Außenwirkung, und hier speziell im Bereich des Recruiting, der Mitarbeiterbeschaffung, werden die eingeführten Präventionsmaßnahmen immer wichtiger.

Tim Taschau | Profil

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